Der Ursprung studentischer Verbindungen

Studentische Verbindungen gibt es seit der Gründung der ersten Universitäten im mitteleuropäischen Raum im 12. Jahrhundert. Genauso wie das "Lehrwesen" von damals bis heute einer ständigen Weiterentwicklung und Veränderung unterworfen war, haben auch die Studentischen Verbindungen sich verändert und weiterentwickelt.

Bezeichnend ist, was über die ältesten studentischen Verbindungen, die "Bursen", berichtet wird:

"Eine Burse verfügte über einen beheizbaren (!) Unterrichts- und Essraum um den Schlafräume angelegt waren. Für den Aufenthalt und die Verpflegung in der Burse war wöchentlich ein bestimmter Betrag zu entrichten, wobei allerdings auf die finanzielle Situation des Einzelnen Rücksicht genommen wurde".

Umgelegt auf die heutige Zeit wäre eine Burse wohl ein von den Studierenden selbst betriebenes Studentenheim mit Mensa, das, als Ersatz für überfüllte und ungeeignete Lehrsäle, auch Räumlichkeiten für den Lehrbetrieb zur Verfügung stellt.

Im 13. Jahrhundert gewannen die sogenannten "Nationen" an Bedeutung. Vereinigungen von "Landsleuten" unter den Studierenden einer Universität als "Schutzgemeinschaft" mit sozialen und pädagogischen Zielen. Die ersten "Deutschen Nationen" gab es 1289 in Bologna und 1378 in Orleans.

Mit zunehmender Zahl der Universitäten und der Studierenden entwickelten sich im Laufe des 16. Jahrhunderts aus den Nationen die "Landsmannschaften", in denen sich jetzt Studenten entsprechend ihren engeren Heimatgebieten zusammenschlossen.

Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden daneben "studentische Orden", die einerseits den Ideen der Aufklärung und anderseits den Prinzipien und Formen des Freimaurertums folgten. Die Bedeutung der Orden war niemals sehr groß. Sie gerieten sehr rasch in zunehmende Abhängigkeit gegenüber Freimaurerkreisen und verschwanden damit sehr bald. Trotzdem, und vielleicht gerade deshalb gehören sie zum "Erfahrungsschatz" der studentischen Verbindungen und seien als solches erwähnt.

Um 1800 traten an den Universitäten "studentische Corps" auf. Ihr geistiges Programm basierte auch auf den Ideen der Aufklärung, jedoch in völlig anderer Ausprägung. Sie waren glühende Verfechter der Lehr- und Lernfreiheit sowie der Freiheitsrechte der Universitäten und Studenten und lehnten alle reaktionären Zwänge und Einflüsse von Kirche und Staat auf wissenschaftliche Lehre und Forschung ab. Daneben vertraten sie vehement Prinzipien der Menschlichkeit, die sie jedoch nicht als haltungslose Duldsamkeit jedem und allem gegenüber verstanden, sondern als Ehrfurcht vor der persönlichen Würde und Freiheit des Mitmenschen. Kämpferisches Eintreten zur Wahrung fremder und eigener Menschenwürde sowie zum Schutz des Schwächeren war für sie selbstverständlich. Jegliche politische, wissenschaftliche und religiöse Ansicht wurde in ihren Bünden geduldet, nicht aber politische Betätigung.

Mit dem Auftreten der Corps um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert war die Entwicklung der studentischen Verbindungen natürlich nicht abgeschlossen. Genauso wie die Ideen der Aufklärung die Entwicklung zu unserer heutigen Gesellschaft bestimmt haben und aus unserem Geistesleben nicht wegzudenken sind, so haben auch ihre schärfsten Verfechter, die Corps, die weitere Entwicklung vorgezeichnet und finden sich die Grundelemente ihrer Prinzipien in jeder "echten" studentischen Verbindung.

Einen markanten Punkt in der Entwicklung der studentischen Verbindungen stellte die, 3 Tage nach Ende des Wiener Kongresses und 5 Tage vor Waterloo am 12. Juni 1815 als Signal gegen die Zersplitterung des deutschen Sprachraumes durch eigenbrötlerische Hausmachtinteressen der Fürstenhäuser erfolgte Gründung der "Deutschen Burschenschaft" in Jena. Die studentischen Farben Schwarz-Rot-Gold (ursprünglich Schwarz-Rot mit goldenem Besatz) und der Wahlspruch Ehre, Freiheit, Vaterland sind die bleibenden Symbole dieser neuen Entwicklung.

Mit dem Vordringen der Bildung auch in breiteren Schichten der Bevölkerung nahm auch die Bedeutung der Gymnasien zu. Ursprünglich hatten die Gymnasien fast ausschließlich die Aufgabe, die Schüler auf die Aufnahme in die Universität vorzubereiten. Zum Teil bis in das 19. Jahrhundert hinein standen sie auch unter Verwaltung der Universitäten. Naheliegend, daß an diesen Gymnasien Schülerbünde ähnlich den Studentenverbindungen der Universitäten entstanden. Bereits 1815 wurde die erste burschenschaftliche Pennalie in Weimar gegründet.

Die Entwicklung der studentischen Verbindungen an Mittleren Schulen nahm einen dornigen Weg. Bis zur Erringung der "Koalitionsfreiheit" 1918 waren Mittelschülerverbindungen überhaupt verboten. Danach folgte bereits 1933 das neuerliche Verbot unter der Dollfuss-Diktatur. War es den pennalstudentischen Verbindungen auch in den Jahren des Verbotes bis 1918 und nach 1933 gelungen aktiv tätig zu sein, so mußte bereits kurz nach dem "Anschluß" 1938 jegliche Aktivität eingestellt werden. Nach Kriegsende Erneuerung des Verbotes. Jetzt durch die Besatzungsmächte! Erst in den späten Fünfzigerjahren konnten pennal- und Hochschulverbindungen ihren Betrieb wieder aufnehmen.